Die Leidenschaft, die er in ihr weckte, ließ sie völlig willenlos werden, so dass man annehmen könnte, es wäre ein leichtes für ihn, diese Tatsache irgendwie ausnutzen zu können. Sie beruhigte sich mit dem Gedanken, dass sie das Gefühl hatte, er würde ebenso empfinden. Hinsichtlich dieser Tatsache, würde er es hoffentlich nicht wagen, ihre Leichtfertigkeit auszunutzen.
Mit den Erinnerungen, die das heutige Leben ihr freigegeben hatte, konnte sie trotz romantischer Veranlagung kaum verstehen, wieso manche Menschen eine regelrechte Abhängigkeit zu einem anderen Menschen entwickelten. Aber plötzlich verstand sie nun, warum es Menschen gab, die von einer bestimmten Person nicht mehr loskamen. Diese letzte Nacht mit ihm war so absolut unglaublich gewesen, dass sie jede Frau bedauerte, die nicht von so einer Nacht mit ihm zehren konnte.
Dabei meinte sie nicht wirklich eine Nacht mit ihm, sondern sie meinte eine Nacht, mit dem Mann, den man bedingungslos liebt.
Die Dusche von nebenan war nun ruhig, doch er schien sich sehr viel Zeit zu lassen. Sie hörte manchmal irgendetwas klappern, dann wieder kurz die Wasserleitung, um letzten Endes, eine gefühlte Ewigkeit, absolut nichts zu hören. War er so langsam, weil er ebenfalls über die letzte Nacht nachdachte?
Draußen hörte sie das Hupen der Autos. Ein sicheres Zeichen, dass die Welt sich fortlaufend weiterdrehte.
Hinter den Mauern der Pension. Sie konnte ihn riechen, den Duft Indiens und sie wusste, sie musste bald zurück.
Erneut war es ruhig im Badezimmer. Was dachte er nun?
Sie knabberte gedankenverloren an ihrer Unterlippe, während ihre Gedanken zurückschweiften und sich plötzlich die lauten, knatternden Fahrgeräusche des Jeeps in ihren Kopf breit machten.
Timm und sie saßen in dem Jeep, zu dem sie schweigend vom Feigenbaum zurückgegangen waren und mit dem sie dann, ebenfalls schweigend, im Dunkeln zur Pension zurück fuhren.
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